Alexandra Przyrembel

Projekte

Forschungsschwerpunkte

  • Geschichte der Europäischen Moderne
  • Global- und Verflechtungsgeschichte
  • Geschichte des Wohlstands und der sozialen Ungleichheit
  • Geschichte der Gewalt / des Antisemitismus
  • Wissensgeschichte

Projekte

Zur Zeit arbeite ich an zwei Buchprojekten: ‚Moralizing Wealth‘ sowie an einer Wissensgeschichte über Gewalt im 20. Jahrhundert. Geplant sind ferner verschiedene Aufsätze, die sich mit Vorstellungen von Angst beschäftigen.

Moralizing Wealth: Wahrnehmung von Reichtum und Überfluss im 20. Jahrhundert

Im Rahmen des Buchprojektes  „Moralizing Wealth: Reichtum und Überfluss im 20. Jahrhundert“ soll der Versuch unternommen werden, ‚Reiche‘ als scheinbare ‚Profiteure‘ des Kapitalismus vom Ende des 19. bis in das späte 20. Jahrhundert historisch zu verorten. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Sozialfigur des ‚Reichen‘ bzw. des gar ‚Superreichen‘ die Auswüchse des Kapitalismus bzw. Fragen der sozialen Ungleichheit besonders zu entlarven scheint, untersucht das geplante Teilprojekt die gesellschaftliche Wahrnehmung der ‚Reichen‘ bzw. des ‚Reich-Seins‘ im 20. Jahrhundert, vor allem nach 1945.

Globale Momente: Humanitarismus und Gewalt in der Moderne / Global Moments: Humanitarianism and Violence in the Modern Age

Das Forschungsprojekt ist an der Schnittstelle von Global-, Kultur- und Mediengeschichte angesiedelt. Im Vordergrund stehen ‘neue’ humanitäre Bewegungen, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts an der ‘Ordnung’ von Gewalt und Krieg beteiligt sind. Dabei interessiere ich mich insbesondere für die Frage, wie Medien das Wissen über humanitäre Krisen gestalteten. So werde ich den Einfluss neuer Medien – wie der Fotografie oder auch der Kinematografie – auf die Veränderung von Sehgewohnheiten und ebenso mögliche Fundraising-Strategien genauer in den Blick nehmen. Die Gewalt gegenüber den Armeniern, die seit dem 19. Jahrhundert bis in das 20. Jahrhundert hinein die Weltöffentlichkeit beschäftigte, wird ein zentrales Fallbeispiel der geplanten Monographie sein. Das Forschungsprojekt basiert auf Archivalien, die in Berlin London, Washington D.C. und Genf ausgewertet wurden. Siehe auch den Aufsatz „Beredtes Schweigen und Globales Wissen über extreme Gewalt: Der ‚Westen‘ und der Genozid an den Armeniern“, in: ZFG (2019), 293-312.

Kartographien der Angst im 20. Jahrhundert / Cartographies of Fear in the Modern Age 

Seit Eric Hobsbawm gilt das 20. Jahrhundert als das ›Zeitalter der Extreme‹. Krieg und Gewalt waren die prägenden, die gestaltenden Erfahrungen dieses Jahrhunderts. In dem Forschungsvorhaben sollen die neueren methodischen Ansätze (wie der ›emotional turn‹) gemeinsam mit etablierten Forschungsmethoden fruchtbar gemacht werden, um die Wirkungsmacht von Emotionen (beispielsweise von Ängsten) auf historische Prozesse und Dynamiken genauer zu bestimmen. Zu diesem Themenkomplex sind eine Reihe von Aufsätzen geplant.

Und zuletzt:

In den letzten Jahren habe ich mich mit den Wegen des Wissens im Kontext des Kolonialismus beschäftigt. In diesem Zusammenhang interessierte mich insbesondere, in welcher Weise die ‚Entdeckung‘ des Tabus in der Südsee mit Transformationsprozessen der europäischen Moderne verzahnt war. In dem Buch „Verbote und Geheimnisse“ argumentiere ich, dass diese sich im ‚langen 19. Jahrhundert‘ über die Konstitutierung von Verboten entwickelte. Fallbeispiele stellen unter anderem die soziale Frage sowie die besondere Beziehung von Mensch und Tier (etwa im Rahmen der Tierschutzdebatten) dar. In meinem ersten Buch „‚Rassenschande‘: Zur historischen Wirksamkeit eines Stereotyps'“ argumentiere ich, dass ein gesellschaftliches Tabu – sexuelle Beziehungen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Deutschen – von den Nationalsozialisten zum Straftatbestand erhoben wurde, was auf einen breiten gesellschaftlichen Resonanzboden (etwa im Rahmen von Denunziationen) stieß. Ich zeige, wie Vorstellungen von ‚Rasse‘ und Sexualität im Gerichtssaal die Verfolgung dieser ‚Mischbeziehungen‘ begründeten.

(De-)Colonizing Knowledge: Koloniales Wissen und ‚entkolonisiertes‘ Wissen in der Moderne / Colonial Knowledge  and Decolonizing Knowledge in the Modern Age

Zu diesem Forschungsprojekt liegt seit 2013 der Sammelband „Von Käfern, Märkten und Menschen. Wissen und Kolonialismus in der Moderne“ bei Vandenhoeck & Ruprecht vor. Die Tagung „(De-)Colonizing Knowledge: Figures, Narratives and Practices“, die im Februar 2015 an FU Berlin stattfand, erörtete das Konzept dekolonialen ‚Wissens‘ jenseits des Eurozentrismus.

„Verbote und Geheimnisse. Das Tabu und die Genese der europäischen Moderne“

Eher beiläufig und zufällig widmete sich Sigmund Freud zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem „marvellous“, dem wunderbaren Tabu. Mit seiner Bestimmung des Tabus der „armen, nackten Kannibalen“ hat Freud ein wirkungsmächtiges Konzept vorgelegt, das die Diskussionen des 20. Jahrhunderts nachhaltig geprägt hat und noch bis heute prägt. Doch in Berührung mit dem Tabu kam Europa bereits hundert Jahre zuvor im Gefolge seiner kolonialen Bestrebungen im südpazifischen Ozean. Doch die Aneignung des Begriffes zunächst durch James Cook im ausgehenden 18. Jahrhundert und mehr als hundert Jahre später durch Freud war nicht zufällig. Das Tabu – so die These der Studie – ist Ergebnis und zugleich einer der Katalysatoren der Transformationen, wie sie die europäischen Gesellschaften im ‚langen 19. Jahrhundert‘ auf dem Weg in die Moderne durchlaufen. Das Buch ist im Campus Verlag erschienen: Campus Verlag.

„‚Rassenschande‘: Zur historischen Wirksamkeit eines Stereotyps“

 

 

Interdisziplinär

Geschichte der Emotionen im 19. und 20. Jahrhundert in Wissenschaft und Kultur

Nur allmählich setzt sich die Geschichtswissenschaft mit einer neuen Kategorie auseinander: die Bedeutung von Emotionen für historische Wandlungsprozesse. Gemeinsam mit der Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Simone Winko habe ich im Sommersemester 2005 eine Ringvorlesung „Lust auf Gefühl? Emotionen in Wissenschaft und Kultur“ an der Georg-August-Universität Göttingen durchgeführt. Hier beschäftigte uns vor allem der interdisziplinäre Dialog zwischen den Natur- und Geisteswissenschaften. Neurologen, Ethnologen, Psychoanalytikerinnen, Literaturwissenschaftler und schließlich auch Historiker und Historikerinnen haben Chancen und Grenzen dieser ’neuen‘ Kategorie untersucht. Als Historikerin interessiert mich hier insbesondere die Frage, in welchem Verhältnis Emotionen und Herrschaft (beispielsweise während des Nationalsozialismus) stehen.