Alexandra Przyrembel

Wissen: Koloniales Wissen und ‘entkolonisiertes’ Wissen in der Moderne

Von Käfern, Märkten und Menschen. BuchcoverWas ist Wissen? Wie kann das Wissen beschrieben werden, das in den europäischen Kolonien von Experten und Laien gesammelt, verbreitet und oftmals ebenso systematisiert wurde? Welche neuen Wissensformen entstanden als Folge des Kolonialismus? Diese Fragen werden für die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts im Kontext von Kolonialismus und Dekolonisation untersucht. Zu diesem Forschungsprojekt liegt seit September 2013 der Sammelband “Von Käfern, Märkten und Menschen. Wissen und Kolonialismus in der Moderne” bei Vandenhoeck & Ruprecht vor, den Rebekka Habermas und Alexandra Przyrembel herausgegeben haben und der diese Frage vor allem für das 19. Jahrhundert – auch auf der Folie von Globalisierungsprozessen – beleuchtet. In diesem habe ich das Phänomen der ‚Leserevolution‘ kritisch reflektiert, von der die große Mehrheit der Bevölkerung zunächst ausgeschlossen war.

 

Eher beiläufig und zufällig widmete sich Sigmund Freud zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem “marvellous”, dem wunderbaren Tabu. Mit seiner Bestimmung des Tabus der “armen, nackten Kannibalen” hat Freud ein wirkungsmächtiges Konzept vorgelegt, das die Diskussionen des 20. Jahrhunderts nachhaltig geprägt hat und noch bis heute prägt. Doch in Berührung mit dem Tabu kam Europa bereits hundert Jahre zuvor im Gefolge seiner kolonialen Bestrebungen im südpazifischen Ozean. Denn die Aneignung des Begriffes zunächst durch James Cook im ausgehenden 18. Jahrhundert und mehr als hundert Jahre später durch Freud war nicht zufällig. Das Tabu – so die These des Buches  – ist Ergebnis und zugleich einer der Katalysatoren der Transformationen, wie sie die europäischen Gesellschaften im ‘langen 19. Jahrhundert’ auf dem Weg in die Moderne durchlaufen. In diesem Buch werden ‚implizite‘ Wissensprozesse – wie die Präsenz von Verbotssystemen – im Hinblick auf ihre Konsequenzen für das sich  ‚modernisierende‘ 19. Jahrhundert herausgearbeitet.

Das Buch ist im Campus Verlag erschienen und wurde unter anderem in der Historischen Zeitschrift, der Historischen Anthropologie besprochen.: Campus Verlag.